Der Nationalrat hat am 13.10.2017 die Abschaffung der Mietvertragsgebühren beschlossen. Ein kurzer Überblick über die wichtigsten Fragen zum Aus der verhassten Abgaben.
Der vom Nationalrat gefasste Beschluss liest sich kurz und wenig spektakulär, er hat es aber in sich: Die von vielen Mietern als äußerst belastend empfundene Mietvertragsgebühr für die Miete von Wohnräumen wurde mit einem kleinen Federstreich des Gesetzgebers ohne eine Übergangsregelung einfach gestrichen.
Auch wenn zahlreiche Zeitungen bereits über die Abschaffung der Gebühren berichten, ist das Gesetz heute (20.10.2017) noch in Geltung. Hintergrund ist, dass ein Beschluss des Nationalrats für sich allein noch kein Gesetz entstehen lässt. Dieses muss vielmehr noch das parlamentarische Verfahren (insbesondere Behandlung im Bundesrat, der auch ein – schwaches – Vetorecht hätte) durchlaufen, vom Bundeskanzler unterschrieben und vom Bundespräsidenten geprüft und unterzeichnet werden. Erst wenn das Gesetz daraufhin im Bundesgesetzblatt kund gemacht wurde, gilt es auch. Das war mit dem Beschluss des Nationalrats bisher nicht der Fall, es dürfte jedoch voraussichtlich Ende Oktober so weit sein.
Nachtrag am 13.11.2017: Das Gesetz wurde am 10.11.2017 im Bundesgesetzblatt kundgemacht und ist damit seit dem 11.11.2017 in Kraft.
Nachtrag am 13.11.2017: Für Wohnungsmietverträge, die nach dem 11.11.2017 abgeschlossen werden, sind damit keine Gebühren mehr zu entrichten.
Der Beschluss des Nationalrats sieht keine Übergangsregelungen vor. Da die Gebührenschuld bereits mit Unterzeichnung der jeweiligen Urkunde entsteht, sind Mietverträge, die vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung unterzeichnet wurden, unseres Erachtens noch entsprechend den alten Regelungen zu vergebühren.
Hier greift die mediale Berichterstattung leider oft zu weit, wenn über die gänzliche „Abschaffung der Mietvertragsgebühr“ berichtet wird. Der Beschluss des Nationalrats bezieht sich nur auf Verträge über die Miete von Wohnräumen. Es wurde also nicht die Mietvertragsgebühr (richtig eigentlich: Bestandvertragsgebühr) schlechthin abgeschafft, sondern nur die Gebühr für Mietverträge für Wohnungen. Für Geschäftsräume und Pachtverträge haben sich bisher keine Änderungen ergeben; solche Verträge sind, wenn sie schriftlich abgefasst werden, weiterhin gebührenpflichtig.
Das Gebührengesetz in der derzeitigen Fassung stammt aus dem Jahr 1957, auch zuvor nahm sich der Staat schon heraus, für diverse Tätigkeiten und Geschäfte eine bestimmte Gebühr zu kassieren. Während die im Gebührengesetz vorgesehenen „Gebühren für Amtshandlungen“ noch einigermaßen einleuchten – immerhin nimmt man ja auch Dienste des Staates in Anspruch -, führt eine genauere Betrachtung der Gebühren auf private Rechtsgeschäfte schnell zu absurden Erkenntnissen. Eine genaue Betrachtung würde hier zu weit führen, als Exempel sei aber folgendes hervorgehoben:
Das Gebührengesetz sieht für Vergleiche (also die Bereinigung von Meinungsverschiedenheiten durch eine Einigung der Parteien) eine Gebühr in Höhe von 2 % des Vergleichsbetrages vor. Betrifft der Vergleich aber eine „anhängige Rechtsstreitigkeit“, beträgt die Gebühr nur 1 %. Es ist gebührenrechtlich also sinnvoller, sich nicht außergerichtlich zu einigen, sondern zunächst einen Prozess anzustoßen. Die Dunkelziffer der Vergleiche, die zwar geschlossen, aber niemals gebührenrechtlich behandelt werden, dürfte Legion sein, sodass sich auch deshalb die Sinnfrage stellt: was nützt ein Gesetz, an das sich keiner hält und dessen Einhaltung auch nicht sinnvoll kontrolliert werden kann?
Vergebührt werden müssen auch Adoptionsverträge oder etwa Ehepakte, letztere ganz beträchtlich. Schließt ein Ehepaar einen Ehepakt, wird zu Gunsten des Staates gleich ein ganzes Prozent des Gesamtvermögens der Eheleute fällig. Wer die Verantwortung für Kinder übernehmen oder sich mit seinem Partner auch vermögensrechtlich stark verbinden will, muss sich das mit Blick auf die Gebühren genau überlegen. Über den Sinn solcher Gebühren darf spekuliert werden.
Aus unserer Sicht ist die Abschaffung der Gebühr für Wohnungsmieten zwar ein begrüßenswerter Schritt, der Gesetzgeber täte aber gut daran, auch das restliche Gesetz einer genaueren Evaluierung, eventuell auch einer gänzlichen Abschaffung zu unterziehen.